Bereits im Alter von 17 bzw. 18 Jahren gründeten Jonas Heß und Patrick Dressel im Jahr 2018 in Neustadt bei Coburg ihre erste Firma achtbit. Aus der anfänglichen Leidenschaft für Online-Projekte und IT, im Rahmen von schulischen und ehrenamtlichen Aktivitäten, wurde noch vor Beginn des Studiums eine berufliche Zukunft. Es folgte eine stetige Erweiterung, eine Umwandlung von der GbR zur GmbH und der Umzug in die “Digitale Manufaktur“ der Zukunft.Coburg.Digital in Rödental. Mittlerweile haben die beiden Jungunternehmer ihre nächste Firma, base 26, gegründet. Im Interview berichtet Geschäftsführer Patrick Dressel von der Gründungsgeschichte und ihrem aktuellen Projekt evoove.
Patrick, kannst du uns einen Einblick in die Entstehungsgeschichte von base26 und insbesondere des Projekts evoove geben? Was hat euch dazu motiviert, eine faire Ladeinfrastruktur-Software für die Elektromobilität zu entwickeln?
Von Beginn an sind wir mit unserem ersten Unternehmen, der Achtbit Media GmbH, Mieter in der Digitalen Manufaktur in Rödental. Im Laufe des Jahres 2021 haben wir uns dort ein erstes Elektrofahrzeug angeschafft und sind schnell auf die Probleme mit der Ladeinfrastruktur hier vor Ort gestoßen. Zwar standen von Anfang an zwei Ladesäulen zur Verfügung, allerdings haben diese mit zunehmender Zahl an Elektrofahrzeugen in der Mieterschaft nicht mehr ausgereicht. Da die örtlichen Gegebenheiten keine Erweiterung hergeben, kam der Gedanke auf, wie man die vorhandene Infrastruktur fair unter den Mietern verteilen kann, bestenfalls mit einer digitalen und ressourcenschonenden Lösung. Nach einiger Recherche, Vorarbeit und unzähligen Abendsessions (wir sprachen intern immer vom „ganz geheimen Dienstagsprojekt“) kamen wir 2022 zum Entschluss, die passenden Rahmenbedingungen zur Umsetzung zu schaffen und gründeten die base26 UG (haftungsbeschränkt) aus. Zudem habe ich dann durch das geweckte Interesse auch meine Bachelorarbeit im Bereich UI- & UX-Design auf dieses Thema ausgerichtet und einige wertvolle Erkenntnisse erlangen können.
evoove zielt darauf ab, innovative Lösungen für Elektromobilität in Mietimmobilien, bei Arbeitgebern und generell für die breite Öffentlichkeit anzubieten. Wie genau ermöglicht eure
Software das faire Teilen der Ladeleistung und welche Vorteile bietet sie?
Wie eben schon erwähnt hatten wir das Problem vor Ort, dass nicht genügend Stellplätze bzw. eigene Ladesäulen für alle potenziellen Nutzer zur Verfügung standen und die lokalen Gegebenheiten auch
keine infrastrukturelle Erweiterung zuließen. Dieser Use-Case tritt nicht nur hier, sondern in ganz Deutschland häufig auf. Da kam dann die Frage auf, ob wirklich jeder eine eigene Ladesäule
benötigt – und die Antwort ist Nein. Theoretisch ist es für einen Durchschnittsfahrer mit einem aktuellen E-Fahrzeug ausreichend, 4 Stunden pro Woche mit 11kW zu laden. Das bedeutet, dass der
Ladepunkt über 97 Prozent nicht in Verwendung ist.
Aufgrund dieser Tatsache haben wir uns also aufgemacht, einen Sharing-Ansatz zu entwickeln, der eine faire Verteilung sicherstellt und gleichzeitig auch noch Kosten und Ressourcen schont. Das
realisieren wir mit unserer Anwendung „evoove“, die es ermöglicht, die Ladeleistung von z.B. Mehrfamilienhäusern oder Arbeitgebern fair zu verteilen, unabhängig von begrenztem Platzangebot. Wir
optimieren die Nutzung der vorhandenen Anschlusskapazität, minimieren den Verwaltungsaufwand durch Automation und wickeln alle nötigen Rahmenmaßnahmen ab. Bei all dem ist jedoch auch der „Faktor
Mensch“ zu berücksichtigen. Steckt dieser das Fahrzeug nach einem Ladevorgang rechtzeitig ab? Lädt er nur zu den attraktiven Zeiten, z.B. über Nacht? Blockiert er den Stellplatz übermäßig, obwohl
der Akku bereits vollgeladen ist?
Viele bisherige Angebote lösen dieses Problem ausschließlich mit einer Erhebung von Blockiergebühren. Wir haben uns überlegt, dieses Thema anders anzugehen: Wir setzen auf eine Vorabbuchung von
Ladezeiträumen, stellen somit Planbarkeit sicher, wodurch sich gewisse Szenarien bereits im Voraus regulieren lassen. Zudem hat der Betreiber die Möglichkeit, maximale Ladezeiträume zu
definieren. Wir können dann faires Verhalten (also z.B. rechtzeitiges Abstecken, nicht übermäßiges Blockieren, Einhaltung der Buchungen etc.) honorieren, indem wir beispielsweise Maßnahmen wie
eine Beschränkung der maximalen Anzahl paralleler Buchungen vornehmen oder die früheste Buchbarkeit regulieren. Alles das jedoch unter der Prämisse, dass dies niemals zum „Stehenbleiben“ führen
darf. Daneben planen wir auch mit Partnern gewisse Vorteile anzubieten, die das faire Verhalten belohnen. Für die Evaluation setzen wir auf die künstliche Intelligenz. Unsere Mission ist eine
KI-basierte E-Mobilitäts-Plattform, die faires Laden belohnt.
Als Gründer von base26 und Co-Creator von evoove erlebst du sicherlich Herausforderungen bei der Entwicklung und Implementierung eurer Software. Kannst du uns von einigen dieser
Herausforderungen berichten?
Das Projekt ist eine Herzensangelegenheit, die jedoch bisher aufgrund des Entwicklungsstatus noch keine Gewinne abwirft. Unser Haupteinkommen bestreiten wir nach wie vor mit unserem
Dienstleistungsunternehmen achtbit, das dementsprechend auch unsere zeitlichen Ressourcen bindet. Die Herausforderung besteht darin, beides parallel nebeneinander laufen zu lassen. Ich bin froh,
dass wir die Aufgaben im Team auf verschiedene Schultern verteilen können – dennoch wäre es eigentlich notwendig, 110% für evoove aufzuwenden, was bisher leider noch nicht möglich ist. Deshalb
sind wir auf der Suche nach einem Investor oder einem Kooperationspartner, der uns einen schnelleren Markteintritt ermöglicht, sod dass wir uns voll auf dieses Projekt konzentrieren können.
Die Elektromobilität entwickelt sich ständig weiter und auch die politischen Rahmenbedingungen ändern sich kontinuierlich. Welchen Einfluss haben diese Entwicklungen auf die Zukunft von
evoove?
Im Jahr 2030 sollen nach dem Willen der Bundesregierung 15 Millionen Elektroautos in Deutschland unterwegs sein. Um dieses Ziel zu erreichen, spielt die Ladeinfrastruktur eine bedeutende, wenn
nicht sogar die bedeutendste Rolle. Für viele Interessenten ist eine geeignete Lademöglichkeit Grundvoraussetzung für die Anschaffung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen. Zudem kommen
verschiedene Erhebungen zum Ergebnis, dass der ausschließliche Ausbau öffentlicher Infrastruktur nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken und deshalb auch andere Zielgruppen, z.B. Besitzer von
Wohneigentum, erreicht werden müssen, um die Ziele zu erreichen. Zudem gilt die rechtliche Rahmenbedingung, dass Mieter Anspruch auf die Ermöglichung eigener Ladeinfrastruktur haben. Um hier
Insellösungen zu vermeiden, ist es sinnvoll, bereits jetzt zukunftsfähige Lösungen wie evoove einzusetzen und damit zu planen. Hierfür wird eine staatliche Förderung auch weiterhin notwendig
sein.
base26 ist mittlerweile euer zweites Unternehmen. Was habt ihr aus euren bisherigen Erfahrungen gelernt, und wie haben diese Erfahrungen dazu beigetragen, evoove aufzubauen? Gibt es
spezielle Erkenntnisse oder Lehren, welche ihr in die Entwicklung eurer neuen Firma habt einfließen lassen?
Grundlegende Themen, wie zum Beispiel Rechtsform, Unternehmensgründung und Vertragliches fielen uns nun natürlich deutlich leichter als damals bei achtbit, das wir ja sehr jung gegründet haben.
Die Ausgründung an sich war bereits ein Learning – mit dieser wollten wir früh sicherstellen, dass das Produkt unabhängig entwickelt werden kann und die Weichen für Beteiligungen unabhängig von
achtbit stellen. Grundsätzlich verfolgt die base26 aber einen anderen Geschäftsansatz und setzt auf ein digitales skalierbares Produkt – also so gesehen auch für uns „Neuland“. Innherhalb
kürzester Zeit haben mussten wir feststellen, dass das Geschäftsmodell und das Produkt ständigen Änderungen unterzogen werden muss. Wir haben den Kundennutzen und den Markt kontinuierlich
evaluiert und sind so zu Erkenntnissen gelangt, die unsere Grundidee verbessert haben. Nur als Beispiel: Die erste Idee bestand darin, dass wir Grundstücke „pachten“ und selbst die Infrastruktur
schaffen – das haben wir aber schnell wieder verworfen!