Onkel Toms Regional

Die früheren Tante-Emma-Läden sind nahezu alle verschwunden. Geblieben ist eine Versorgungslücke auf dem Land und teilweise große Wege zu den Direktvermarktern. So entstand die Idee von Thomas Kittel: Onkel Toms Regional. Zukünftig sollen seine Lebensmittelautomaten flächendeckend die Region Coburg mit regionalen Produkten versorgen. Und das rund um die Uhr!

Herr Kittel, Sie sind Ingenieur und waren 20 Jahre in der Industrie tätig. Jetzt haben Sie sich aufgemacht zu „neuen Ufern“. Warum der Wechsel in die Selbstständigkeit?


Angekommen in der Mitte des Berufslebens, habe ich mir die Frage gestellt, wie ich die zweite Hälfte verbringen möchte. 20 Jahre war ich weltweit unterwegs und überspitzt gesagt: überall und nirgends! Das war für mich und die Familie belastend und irgendwie nicht mehr zufriedenstellend. Ich wollte deshalb wieder mehr Zeit für meine Familie haben und auch in der Region arbeiten. Meine erste Konsequenz war ein Sabbatical, um mich selbst zu orientieren. Recht schnell kam da die Option einer Selbstständigkeit ins Spiel. Zunächst dachte ich an eine Tätigkeit als Berater, um meine gesammelten Kenntnisse und Erfahrungen weiter verwenden zu können, doch dann bin ich komplett umgeschwenkt. Ganz nach dem Motto: jetzt oder nie!

 

Wie kam es zu der Idee mit den Lebensmittelautomaten?


Als leidenschaftlicher Hobbykoch bin ich fasziniert von der großen Vielfalt der Angebote regionaler Hersteller. Ich fand es nur sehr mühsam, die tollen Produkte einzukaufen. Wochen- und Bauernmärkte sind nur einmal pro Woche, Hofläden liegen teilweise sehr weit auseinander und haben immer dann geschlossen, wenn ich etwas kaufen möchte. Außerdem gibt es gerade im ländlichen Raum kaum noch Einkaufsmöglichkeiten im Ort. Die früheren Tante-Emma-Läden sind nahezu alle verschwunden und so entstand als Alternative mein Konzept mit Lebensmittelautomaten: „Onkel Toms“. Ich wollte die guten Produkte aus der Region bündeln und dann zu den Menschen in der Region bringen. Erste Gespräche mit Familie, Freunden, potentiellen Partnern und Beratern verliefen positiv und die Idee fand von allen Seiten Zuspruch. So war letztendlich der Entschluss schnell gefasst und das Projekt nahm Fahrt auf.

Wie verlief der Start und wie werden die Automaten an den mittlerweile fünf Standorten angenommen?


Der Start verlief durchweg positiv. Die ersten Automaten wurden in Unterwohlsbach und Blumenrod (Stadt Rödental) aufgestellt. Die Neugierde der Menschen war schnell geweckt und so waren die Automaten bereits Dorf- und Facebook-Ortsgruppen-Gespräch, bevor ich selbst überhaupt mit einer ersten Werbung begonnen hatte. Mit der Stadt Rödental habe ich von vornherein eine Pilotphase bis in das Frühjahr 2022 vereinbart. Ich möchte schauen, wie die Automaten angenommen werden und ob die Standorte tatsächlich geeignet sind. Generell gilt das für alle Standorte. Das ist ja das Schöne am Konzept. Automaten und auch die Verkaufshütten können jederzeit umziehen.

 

Nach wie vor befindet sich das Unternehmen in der Anlaufphase und das Stimmungsbild ist durchaus unterschiedlich. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Automaten an Durchgangsstraßen besser frequentiert sind als solche, welche erst gefunden werden müssen. Die zwei Automaten in der Gemeinde Meeder sind zudem nicht in den auffälligeren Verkaufshäuschen, sondern in Bestandsgebäuden. Einmal in der ehemaligen Sparkasse in Meeder und einmal im alten Backhaus von Großwalbur. Gerade diese Orte müssen bei der Bevölkerung im Ort erst noch richtig bekannt werden und hierfür laufen jetzt die nächsten Marketingmaßnahmen an. Spannend ist durchaus auch, dass sich die Nachfrage nach einzelnen Produkten von Ort zu Ort unterscheidet. An den Verkaufsstellen befinden sich jeweils QR Codes, über welche die Kunden selbst „Wünsche“ äußern können. Das wurde ebenfalls bereits gut genutzt und so werde ich baldmöglichst das Sortiment optimieren. Vor allem vegetarische und vegane Produkte stehen auf dem Wunschzettel und hier kann ich schon versprechen: die kommen bald!

Sind Sie auf Schwierigkeiten gestoßen, welche Sie nicht erwartet haben?


Richtige Schwierigkeiten eigentlich nicht. Gewisse Startschwierigkeiten gibt es immer. So musste zu Beginn hier und da bei der Bestückung noch nachjustiert werden, wenn z.B. ein Produkt bei der Ausgabe hängen geblieben ist. Das ließ sich aber alles recht schnell und einfach regeln und die betroffenen Kunden, welche sich bei mir gemeldet haben, erhielten eine Wiedergutmachung. Natürlich blieben auch klassische Anfängerfehler nicht aus. Zum Start der Automaten sollten die Fächer alle gut gefüllt sein. So habe ich das auch mit Grillfleisch gemacht. Im Monat Dezember gab es danach aber nicht wirklich eine nennenswerte Nachfrage und so erreichten die Produkte recht schnell das Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums. Meine private Gefriertruhe ist deshalb jetzt gut gefüllt mit Fleisch und ich werde vermutlich im ganzen Jahr nicht mehr für einen Grillabend einkaufen müssen (lacht).

Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern? Oder braucht es gar keinen Unterschied und der Erfolg hängt vom Standort ab?


Grundsätzlich geht es immer um den Standort. Ein Automat kann noch so tolle Produkte enthalten, wenn man die Verkaufsstelle nicht sieht oder findet, wird man nichts verkaufen. Die bisherige Automatenlandschaft in der Region ist sehr heterogen. Es gibt Direktvermarkter und einige Metzgereien, die selbst auch Automaten betreiben. Da gibt es teilweise schon große Unterschiede in den Sortimenten. Mein Anspruch ist es, ausschließlich regionale Spezialitäten anzubieten. Außerdem versuche ich mit den Verkaufshütten und foliierten Automaten eine schöne und einladende Einkaufsatmosphäre mit Wiedererkennungswert zu schaffen. Zur Bezahlung gibt es bei Onkel Toms nur die Möglichkeit bargeldlos mit Kredit- oder EC-Karte. Dies gestaltet den Einkauf super einfach.

Welches ist ihr persönliches Lieblingsprodukt?


Im Sortiment sind nur Produkte, die ich auch selbst gut finde. Was ich aber am häufigsten esse, ist das Dinkel-Vollkornbrot. Der Renner im Verkauf ist aktuell der Schoko-Muffin!

 

Vermissen Sie die frühere Tätigkeit und was gefällt Ihnen am (neuen) Unternehmertum?


Ein vorhandener Organisationsgrad, eingespielte Teams und geregelte Abläufe - das fehlt natürlich schon etwas. Ebenso die finanzielle Absicherung, da muss man ehrlich sein! Aber die selbstständige Tätigkeit hat auch viele positive Seiten, wie kurze Entscheidungswege (lacht) und flexible Arbeitszeiten. Ich habe die Möglichkeit, eigenständig und nach meinen Vorstellungen zu gestalten, mich auszuprobieren und meine Ideen in die Tat umzusetzen!

Wo sehen Sie sich und Onkel Tom in fünf Jahren?


An vielen weiteren Standorten in Stadt und Landkreis Coburg! Aktuell bediene ich ja mit der Achse Rödental-Lautertal-Meeder nur einen kleinen Teil der Region, doch ich möchte meinen Fußabdruck, bzw. den von Onkel Toms, im gesamten Coburger Land hinterlassen. Bereits jetzt habe ich Anfragen von verschiedenen Gemeinden, die das Konzept in ihre Kommunen holen wollen und angefragt haben, ob ich dort nicht einen Automaten aufstellen möchte. Daher ist die nächste Ausbaustufe auch bereits in Vorbereitung. Doch nicht nur in der Fläche, auch im Sortiment möchte ich größer bzw. breiter werden. Aktuell befinden sich Produkte im Portfolio, welche von der Kundschaft direkt konsumiert werden können. Es gibt aber auch noch viele andere tolle regionale Produkte, die man zum Selberkochen verwenden kann, wie Linsen, Mehle, Öle, Kartoffeln oder auch Kaffee. Diese Lebensmittel passen jedoch aktuell nicht ganz in die Zusammenstellung des bisherigen Angebots. Außerdem hat der Automat auch nur einen begrenzten Platz. Deshalb soll es bald an einem Teststandort einen zweiten Automaten geben, der dann zusätzlich auch solche besonderen Produkte beinhaltet.